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Indische Unternehmen buhlen um Partner
Von Lars Reppesgaard
Bisher kauften westliche Unternemen indische IT-Dienstleister auf. Nun drehen diese den Spieß um. Immer mehr Unternehmen vom Subkontinent versuchen, in Deutschland Fuß zu fassen. Doch im Gegensatz zu den Geschäften in den USA oder Großbritannien erweist sich der Einstieg in den deutschen Markt als schwierig.

Auf dem Sprung nach Deutschland?
Subramaniam Ramadorai,
Chef des IT-Dienstleisters
Tata Consultancy Services
DÜSSELDORF. Heinz Kreuzer musste im vergangenen Jahr mehr als einmal Fingerspitzengefühl beweisen. Der Geschäftsführer der IT-Tochter Infotec des deutschen Touristikkonzerns Tui sollte aus den 400 deutschen Mitarbeitern und denen des indischen Dienstleisters Sonata eine schlagkräftige Truppe bauen. Das 1700 Mitarbeiter große Unternehmen aus Bangalore hatte für 18 Mill. Euro die Mehrheit an Infotec gekauft. "Man stößt auf Sprachbarrieren, andere Führungsstile und kulturelle Unterschiede", sagt Kreuzer. "Die Distanz ist zwar zu überbrücken, aber das geschieht nicht von selbst."
Die erste Übernahme einer deutschen IT-GmbH durch einen indischen Dienstleister war eine knifflige Aufgabe – und zeigt einen Trend auf: Die Großunternehmen des Subkontinents wollen endlich auf dem deutschen Markt Fuß fassen. Bisher war dies ein mühseliges Unterfangen: Das Beratungsunternehmen Value Leadership Group in Frankfurt schätzt, dass es keiner der drei führenden indischen IT-Anbieter in Deutschland auf einen Umsatz von mehr als 100 Mill. Euro Umsatz im Jahr bringt.
Das ist wenig im Vergleich zu den boomenden Geschäften in den angelsächsischen Ländern. Der Wert der indischen IT-Exporte beträgt nach Schätzungen des Industrieverbands Nasscom etwa 30 Mrd. Dollar – und soll bis 2010 auf 60 Mrd. Dollar steigen. Für Dienstleister wie Wipro, Tata Consultancy Services (TCS), Satyam oder Infosys sind die USA dabei der größte Markt. In Europa erwirtschaften die Firmen 60 Prozent ihres Umsatzes in Großbritannien.
Trotz der Schwierigkeiten bleibt Deutschland ein wichtiges Zielland. "Alle machen sich Gedanken wie sie den Markt erschließen können", sagt der Chef der Value Leadership Group, Peter Schumacher. Bislang bissen die Inder mit ihren Angeboten zur Entwicklung oder Betreuung von IT-Systemen oft auf Granit. "Die indischen Dienstleister erleben, dass ihr in den USA und Großbritannien erfolgreiches Geschäftsmodell eines reinen Offshoring-Ansatzes in Kontinentaleuropa nicht funktioniert", sagt Michael Pesch, Geschäftsführer der IT-Tochter der Bertelsmann-Arvato-Gruppe.
Als Alternative suchen die indischen Firmen zunehmend Unternehmen auf dem europäischen Festland, die bereits lokal verankert sind. Die Gerüchteküche brodelt: So hieß es bis vor kurzem, Tata Consultancy Services wollte Teile von T-Systems übernehmen. Inzwischen ist das Thema allem Anschein nach vom Tisch: Der amerikanische IT-Dienstleister Cognizant wird nach Informationen aus Firmenkreisen bei T-Systems als Partner einsteigen. Doch auch die meisten Cognizant-Programmierer sitzen in Indien. Dass die indischen IT-Riesen wie Wipro oder TCS den deutschen Markt mit teuren Übernahmen erschließen wollen, hält Experte Schumacher heute für unwahrscheinlich. "Die Integration wäre ein sehr aufwendiger Prozess mit unüberschaubaren Risiken."
Zusammenarbeit ist da der einfachere Weg. Ein Beispiel ist der jüngste Abschluss eines Kooperationsvertrags zwischen Satyam und Arvato Systems. 14 Monate lang hatten die Gütersloher nach einem Partnerunternehmen gesucht und dabei mit 20 Firmen aus Indien, China und Osteuropa verhandelt. Der Satyam-Geschäftsführer in Deutschland, Aloke Palsikar, suchte einen Partner, der die Befindlichkeiten des deutschen Mittelstands kennt. "Familienunternehmen sind konservativ. Sie fühlen sich bei einer Tochter des deutschen Familienunternehmens Bertelsmann einfach wohler", sagt er. Gemeinsam wollen die Unternehmen nun Angebote für international orientierte Mittelständler entwickeln.
Für Manager Pesch ist Arvato Systems durch die Kooperation schlagkräftiger als bisher aufgestellt – vor allem, weil sich Software in Indien billiger programmieren lässt. Bei Bedarf kann Arvato auch auf die Ressourcen des IT-Riesen zurückgreifen. In Deutschland begrenze der Fachkräftemangel das Wachstum, sagt Pesch. Die indischen Firmen hingegen verfügten über ein großes Reservoir an Spezialisten. Das kommt den Güterslohern entgegen: Das Unternehmen stellt pro Jahr etwa 200 neue Mitarbeiter ein.
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